Da sitze ich nun, vor einem weißen Blatt Papier und versuche all meine Gedanken zu diesem verrückten Jahr zusammenzufassen. Gar nicht so einfach, da ich kaum weiß, wo ich anfangen soll. Blicken wir ganz kurz auf das Ende von 2019, als man noch dachte “2020 wird legendär!”. Wurde es auch – aber wohl anders als gedacht.
Meine letzten Worte aus dem Jahresrückblick 2019 waren:
“2020 wird einige besondere Momente mit sich bringen. Privat wie auch beruflich wird es wieder ein einmaliges Jahr und ich freue mich schon jetzt unbeschreiblich doll auf das neue Jahrzehnt. Seien es neue Reisen, die in Planung sind, oder aber auch unsere Hochzeit, die immer näher rückt – ich kann es kaum abwarten.” Was davon in Erfüllung ging und was dann doch ins Wasser fiel, könnt ihr euch bestimmt schon denken. Dieser Rückblick wird sehr persönlich und vielleicht auch privater, als ich es erst wollte. Aber fangen wir mal von vorne an.
Januar | was für ein besonderer Start ins neue Jahr
Silvester verbachten mein Mann und ich ganz entspannt in der Heimat. Ohne Trubel, in Jogginghose, mit Wunderkerzen und Berlinern – man hätte meinen können, dass wir hier bereits für 2020 geübt haben.
Danach wollte ich für uns einen ruhigen Start ins neue Jahr, denn ich wusste, dass einiges auf uns zukommen sollte (ganz abgesehen von Corona). Mein Mann ging in die Endphase seiner Doktorarbeit, also wollte ich das Jahr mit einem Kurzurlaub beginnen – also ging es ein paar Tage nach Silvester nach Niendorf / Timmendorf Strand, wo wir unsere Akkus aufladen wollten.
Ich fand das Strandhotel LUV in Niendorf und was soll ich sagen – es war Liebe auf den ersten Blick und am liebsten wäre ich direkt dort geblieben.
Unser Kurzurlaub hatte noch einen anderen Grund: wir hatten uns dazu entschieden, in Timmendorf zu heiraten. Als Nordlichter und Wasserratten war das klar wie Kloßbrühe. Also planten wir unsere standesamtliche Trauung – so, wie wir es wollten. Corona hatten wir zu dem Zeitpunkt zwar schon mal aufgeschnappt… aber beeinträchtigte uns (noch) nicht.
Wie so oft war in meinem Kopf schon alles geplant. Ich hatte den Tag genau vor Augen und hätte nicht glücklicher sein können. Doch unsere Geduld und Nerven sollten noch auf die Probe gestellt werden.
Erst einmal genossen wir aber noch unsere Zeit in Niendorf / Timmendorf. Danach sollte es wieder nach Braunschweig gehen, wo wir zum Ende unseres Urlaubs noch einmal in den Harz fuhren und noch einmal so richtig Schnee unter den Füßen hatten.
Danach startete ich endlich in meine ersten Jobs für dieses Jahr und fotografierte erste Events, Unternehmensportraits und auch für Jägermeister war ich wieder unterwegs. Ich hatte so sehr Lust, Vollgas zu geben und der Start ins neue Geschäftsjahr war großartig! Für die restlichen Monate waren tolle Hochzeiten geplant, Reisen (dazu später mehr) und eine Vielzahl von Events – 2020 hielt zu diesem Zeitpunkt noch einiges Großes bereit.
Februar | Corona rückt näher?
Irgendwie hörte man nun schon öfter von Corona, aber wirklich ernst genommen habe ich es noch nicht. Es war doch so weit weg…
Daher konzentrierte ich mich lieber auf einen ganz besonders schönen Termin – mein Brautkleid! Denn im Oktober 2020 wollten wir es in Hamburg so richtig krachen lassen. Meine Mama, Schwester und ich fuhren nach Tellingstedt (Festgarderobe Laue), wo ich dann tatsächlich nach über 20 Kleidern MEIN Kleid fand, das bis dato in meinem alten Kinderzimmer hängt und darauf wartet, getragen zu werden. Aber was ich seit dem Tag auf jeden Fall bestätigen kann: die Kleider können am Bügel oder an der Puppe noch so schön aussehen – an einem selbst sieht es dann oft einfach nur seltsam aus. 😀
NEIN, das wurde es natürlich nicht.
Somit war ein großer Punkt der Wedding-To-Do-Liste abgehakt und meine Vorfreude auf unsere Hochzeit stieg ins Unermessliche. Beruflich ging es auch spannend weiter: Events, herzliche Familienshootings und Ende Februar stand noch eine Reise nach Wilhelmshaven an, wo ich eine Unternehmensreportage für eine recht große Zahnarztklinik anfertigen durfte. Nebenbei genoss ich meine Zeit an der Nordsee und war mit der Kamera unterwegs.
Ich konnte meine Termine vor Ort recht normal wahrnehmen, doch auch hier begann ich bereits, regelmäßig die Hände zu waschen oder besser auch mal zu desinfizieren. Die ersten Coronafälle in Deutschland wurden lauter und das erste beklemmende Gefühl kam auf.
März | die ersten Absagen & Schluss mit Händeschütteln
Anfang März hatte ich meine letzten geplanten Fotojobs. Man begrüßte sich teilweise mit Händeschütteln und dann doch irgendwie auch nicht. Die seltsame Phase begann und ich empfand es als enorm unhöflich, sich bei Kundenbesuchen nicht die Hand zu geben. Absolut schräg – denn aktuell kann ich es mir wiederum nur schwer vorstellen, wie es sein soll, wenn man den Kontakt zulassen darf. Geht’s euch da ähnlich?
Und dann ging es nach einigen Medienberichten los: “Leevke, es tut uns leid. Aber wir müssen unseren Termin leider auf unbestimmte Zeit absagen.” Das Telefon klingelte mehr als nur einmal. Okay… wenn das jetzt im März und im April so sein soll, akzeptiere ich das natürlich. Aber dann kam der nächste Anruf “Leevke, wir müssen leider auch unsere geplante Business-Reise für September nach Abu Dhabi absagen.” … Okay was?! Ich war geschockt – bis Ende September hat sich das Ganze doch wieder beruhigt… oder doch nicht? Eine sehr unsichere und verwirrende Zeit begann.
Mit TUI/airtours sollte es nämlich eigentlich in die Toskana gehen, im Mai hätte Gran Canaria auf dem Plan gestanden und im September hätte das Highlight – Abu Dhabi – auf uns gewartet. Hätte, hätte…
Stattdessen stand Home Office an – all day long. Ich konnte noch die restlichen Bilder aus Februar und März bearbeiten und abgeben. Doch dann kam erst einmal ein bisschen Zwangsurlaub, den ich ehrlich gesagt sehr gut genießen konnte, so lange mein Kopf ausgeschaltet war.
Die ersten Absagen waren okay, aber irgendwie kam auch ich dann an den Punkt, wo ich unsicher wurde. Die Fixkosten blieben und gingen fleißig vom Konto ab – Versicherungen, Miete, Abonnements, Gebühren, Lebensunterhalt. Aber die Einnahmen blieben aus. Ich hatte Rücklagen gebildet, ja. Aber ehrlich gesagt waren das Rücklagen für unser Eigenkapital in Bezug auf die Zukunftsplanung. Dass ich hiervon zehren musste, war erst kein schönes Gefühl. Aber dann merkte ich schnell, dass ich die Letzte war, die jammern durfte. So vielen anderen Branchen ging es um einiges schlechter und sie kämpfen auch jetzt noch immer, seit Beginn der Corona Pandemie, um jeden Cent. Dazu kommt die Gefahr einer Infektion, der ich nun seit Monaten so gut es geht aus dem Weg gehe und das ist doch so viel wichtiger. Viele Menschen haben geliebte Familienmitglieder verloren oder erkrankten selbst an Covid-19. Jeder Tag, den wir gesund und munter in unserem Zuhause genießen konnten, war so viel mehr wert als das Finanzielle.
April | es muss weitergehen, wenn auch nur ein bisschen
Doch auch zwischen all diesen dunklen Gedanken gab es kleine Lichtblicke. Die Eventagentur eventives sagte mit ihren Live-Streams der Quarantänezeit den Kampf an und ich durfte ein paar Mal Backstage mit der Kamera unterwegs sein. Das tat so unfassbar gut und die Zusammenarbeit mit kreativen Menschen motivierte ungemein, irgendwie weiterzumachen!
Leider wurden aber auch viele Hochzeiten abgesagt, bzw. verschoben (was mich selbst bezüglich unserer eigenen Planung nicht gerade entspannte). Die erste 2020-Trauung wurde in dieser verrückten Zeit zum Glück durchgezogen und das werde ich niemals vergessen. Das Paar und ihre Trauzeugen, allein zu viert auf dem Standesamt – dass das Ganze so emotional und besonders werden würde, hätte ich nicht gedacht.
Generell waren Hochzeitsreportagen in diesem Jahr eher selten – im Gegensatz zu den vergangenen Jahren. Dafür durfte ich umso mehr standesamtliche Trauungen begleiten, die zum Glück immer irgendwie umgesetzt werden konnten; mal ohne und mal mit Maskenpflicht. Ich finde dieses Jahr wurde der Moment der standesamtlichen Hochzeit noch einmal ganz neu gewertet. Fern ab von pompösen Hochzeitsfeiern und vollen Gästelisten wurde wieder der kleine Moment genossen, in dem man sich auf das Wesentliche konzentrieren kann. Nichtsdestotrotz bleibt da die Sehnsucht nach ausgiebigen Feiern – ohne ein schlechtes Gewissen und ohne Ängste.
Apropos Ängste… die waren da. Genauso oft wie das große Vermissen von Freunden und Familie. Es gab nicht nur im April schwache Momente. 2020 hat bestimmt nicht nur mir gezeigt, dass man jede Sekunde mit seinen Liebsten genießen und wertschätzen muss. Das “Social Distancing” war eine der größten Herausforderungen für mich. Meine Nichte schrieb uns mit ihren 5 Jahren einen Brief, dass sie es blöd findet, dass wir uns nicht sehen können. Meine jüngste Nichte machte an ihrem ersten Geburtstag immer mehr Fortschritte und ich konnte nicht da sein. Ostern mussten die drei Mäuse ohne uns Ostereier suchen…das waren alles Momente, die im Herzen wirklich sehr wehtaten. Hinzu kamen die Sorgen, dass doch alle bitte weiterhin gesund bleiben sollten.
Was zu diesen Zeiten half? Spät abends, wenn alle Menschen zuhause vor dem Fernseher oder im Bett lagen, spazieren zu gehen. Mein Mann (zu dem Zeitpunkt noch Freund ;-)) und ich machten das sehr regelmäßig, da es tagsüber nicht wirklich möglich war (immer noch zu viele Menschen im Park…). Wir redeten dabei über Gott und die Welt, konnten Sorgen und Wünsche aussprechen. Bis heute lieben wir das späte Spaziergehen, bei dem man gemeinsam noch einmal den Tag Revue passieren lassen kann. Dabei habe ich auch den einen oder anderen Sternenhimmel einfangen können – etwas, was ich bis heute einfach abgöttisch liebe. Die Kamera war auch in den “Lockdown”-Zeiten immer an meiner Seite.
Auch wenn die Aufträge zurückgingen, musste es ja irgendwie weitergehen. Daher begann ich, proaktiv zu handeln. Als Selbstständige kannst du nicht auf dem Sofa sitzen und jammern. Ich bin für mich verantwortlich und habe es selbst in der Hand, etwas aus dieser Situation zu machen. Daher begann ich Firmen zu kontaktieren und mich mit einer Art Portfolio vorzustellen. Eine dieser Firmen war Rabenhorst mit der Marke Rotbäckchen, in Zusammenarbeit mit der Werbeagentur Webnetz. Aus dieser recht spontanen Kontaktaufnahme wurde eine feste und tolle Zusammenarbeit – bis heute.
Mai | Entschleunigung & nicht unterkriegen lassen
Der Mai ist normalerweise DER Hochzeitsmonat und der Beginn einer vollen Saison. Das hieß dann aber auch: volle Wochenenden, viel Arbeit, wenig Sommer und kaum Zeit zu zweit oder für Freunde und Familie. Dieses Jahr war es dann genau andersherum – eine positive Sache, die ich dieses Jahr wirklich geschätzt habe. Denn 2020 hatte ich so viele freie Wochenenden, wie seit Jahren nicht mehr. Zwar konnte ich die Wochenenden nicht für Freunde und Familie aufbringen, aber für uns als Paar und auch für mich allein. Diese Entschleunigung habe ich bewusst genossen. Ich begann, privat viel mehr zu fotografieren und auch ein bisschen zu filmen. Eigene kleine Projekte umzusetzen und mit der Kamera in der Natur die kleinen Dinge einzufangen erfüllte mich durch und durch.
Wir haben die gewonnene Zeit auch genossen, um den einen oder anderen Tag im Harz zu verbringen. Dafür haben wir uns die Wanderwege rausgesucht, die vielleicht nicht so fancy waren, aber dafür menschenleer und erholsam – für Körper und Seele.
Wir befanden uns in unserer eigenen kleinen Bubble, haben keine Freunde mehr getroffen und versuchten, die Zeit so gut es ging rumzukriegen. Über 9 Wochen waren bereits vergangen und die Sehnsucht zur Heimat wurde immer größer. Noch nie hatte ich meine Familie so lange nicht gesehen. Daher entschieden wir uns für einen Besuch in der Heimat – ein Besuch, der meine Akkus zu 100 % wieder aufladen konnte.
Schnappschuss meiner 4 jährigen Nichte.
Ich merkte, wie ich immer mehr die kleinen Dinge genoss. Es waren die Momente der Sorglosigkeit und Zufriedenheit, die mich innerlich haben ruhen lassen können – und dann passierten Dinge, mit denen ich niemals gerechnet hätte. Ein befreundetes Brautpaar überraschte mich mit diesem Präsent vor der Tür…einfach aus dem Nichts. Eine Geste und Worte, die mich umgehauen haben.
Juni | die Liebe kann nichts bremsen, auch kein Corona
Der Juni war geprägt von der ersten annähernden Nervosität, da unsere eigene Hochzeit immer näher rückte. Ich durfte in diesem Monat aber auch noch ein paar standesamtliche Trauungen fotografieren, die mitten ins Herz gingen. Ich bin so stolz auf jedes einzelne Brautpaar, das sich dieses Jahr getraut hat (im wahrsten Sinne des Wortes). Denn man heiratet aus einem bestimmten Grund – man heiratet aus Liebe. Da hat Corona kein Wörtchen mitzureden!
Nun rückte also auch unser Tag immer näher und uns stand noch ein letztes Gespräch in Timmendorf, beim Standesamt bevor. Die Fahrt dorthin war für mich eine reine Achterbahnfahrt. Ich habe mir im Kopf alle Szenarien versucht auszumalen. Was ist, wenn wir Gäste ausladen müssen? Was ist, wenn einer unsere Gäste krank wird? Können wir überhaupt unser geplantes Essen stattfinden lassen? Wer darf im Standesamt dabei sein und wer nicht? … ich fühlte mich, als wenn ich mich zu schnell gedreht hätte und der Schwindel kickt.
Seit Jahren war ich nun regelmäßig auf Hochzeiten unterwegs, fotografierte die unterschiedlichsten Paare und war immer bereit, für andere die schönsten und besondersten Momente festzuhalten. Das Thema Hochzeit begleitet mich nun seit genau 10 Jahren und dieses Jahr waren endlich wir an der Reihe. Dass wir ausgerechnet dann 2020 mit einer Pandemie leben mussten, hätten wir uns nicht ausmalen können. Mir war bewusst, dass ich immer eine ganz besondere Hochzeit feiern wollte – eine, wie ich sie noch nie erlebt hatte (denn ich habe bis heute wirklich vieles gesehen und erlebt). Dass es dann letztendlich in diese Richtung gehen sollte, hätten wir nun wirklich nicht gedacht. Allerdings könnte man die ganze 2020-Situation wirklich schon als einmalig und anders beschreiben.
Nach unserem Gespräch mit unserer Standesbeamtin (die beste, die wir uns übrigens hätten wünschen können) fiel uns glücklicherweise ein riesig großer Stein vom Herzen. Denn es war möglich, die Trauung nach draußen zu verlegen, sodass all unsere Freunde dabei sein hätten können. Auch das Essen im Restaurant konnten wir auf der Terrasse planen, mit genügend Abstand zwischen den Tischen. Einer entspannten Trauung stand also nichts mehr im Wege – dachten wir. Fortsetzung folgt.
Corona schien ein bisschen zu pausieren. Die Infektionszahlen gingen deutlich zurück und wir konnten ein bisschen durchatmen. Ich fuhr zu meinen Eltern und gönnte mir ein bisschen Auszeit – bis ich von meinen Freundinnen auf der Terrasse überrascht und eingepackt wurde: “Willkommen zu deinem Junggesellinnenabschied!”
Dieser Tag wird mir für immer in Erinnerung bleiben, denn es kamen Persönlichkeiten zusammen, die sich vorher nicht mal kannten und es hätte echt nicht besser harmonisieren können! Ich erinnere mich, wie ich ab und zu meine Mädels von außen beobachtete. Alle waren gut gelaunt, am lachen und erzählten ohne Ende… dieses Glücksgefühl hatte ich noch nie und lässt mich bis heute breit grinsen. Es war rundum perfekt und dass das Ganze in diesem Rahmen überhaupt stattfinden konnte war auch nicht selbstverständlich.
Juli | YES, ES WIRD GEHEIRATET!
Der Juli hatte eigentlich nur einen Inhalt: “Pop the champagne: I’m changing my last name!” All meinen Zweifeln, Ängsten und Sorgen, die ich kurz zuvor hatte, möchte ich hier nachträglich gar keinen Raum mehr geben. Zwei Tage vor unserer Hochzeit hatte ich nämlich noch einmal einen absoluten emotionalen Tiefgang, als unsere Planung auf den Kopf gestellt wurde (keine Reduktion der Corona-Infektionszahlen und ein gruseliger Wetterbericht, von dem einiges abhing).
Am Tag unserer Abreise nach Timmendorf beschloss ich, jetzt einfach alles laufen zu lassen. Ich konnte eh nichts an der Situation ändern, sondern konnte sie nur annehmen. Ich sollte schon bald meinen Traummann heiraten und darauf freute ich mich so sehr, dass alle Gewitterwolken im Kopf immer mehr beiseite geschoben wurden.
Wir bezogen unser Zimmer und genossen den letzten Abend als unverheiratetes Paar.
Und dann war es so weit – der 10.07.2020. Es goss aus Kübeln, die Temperaturen gingen in den Keller und Norddeutschland zeigte sich von seiner besten, regnerischen Seite. Das sollte uns aber nicht bremsen, denn unsere Familie und Freunde waren die besten, die man sich hätte vorstellen können. Alle Planungen für draußen fielen regelrecht ins Wasser, also musste ein spontaner Live-Stream nach draußen herhalten und ein gemütliches Mittagessen in uriger Atmosphäre. Doch das beste an allem war dieser Mann – mein Mann! Als wir das Standesamt verließen brach der Himmel übrigens noch einmal auf und der Regen machte für uns einen Moment Pause. Auch abends hatten wir noch die Möglichkeit, bei Sonnenschein barfuß in die Ostsee zu laufen. Perfekter geht’s doch wohl kaum?
Das Beste am ganzen Schietwetter: Wir hatten den Strand nur für uns, ohne Touristen, Bierbäuche und Strandmuscheln – und das Mitte Juli!
Während ich hier sitze muss ich echt sagen, dass das Ganze solch ein unfassbares Glück war. Dass wir in diesem Rahmen unsere standesamtliche Hochzeit feiern konnten, war nicht selbstverständlich; nicht in diesem Jahr.
Die nächsten Tage fing ich an, alles zu realisieren. Die gesamte Anspannung fiel ab und ich konnte immer mehr durchatmen, da ich mir permanent so viele Gedanken gemacht habe, ob sich unsere Gäste auch wohlgefühlt hatten.
Zum Glück blieben wir noch ein paar Tage in Niendorf, an denen wir unsere Mini-Flitterwochen so richtig genießen konnten.
Diesen Sonntag werde ich beispielsweise nie vergessen. Den ganzen Tag, bis zum Sonnenuntergang, lagen wir mit Bettdecke auf dem Balkon. Stundenlanges Gequassel, der ein oder andere Mittagsschlaf und immer die Sonne im Gesicht und das Meer an der Seite.
Diese paar Tage gingen tief ins Herz und so gern denken wir daran zurück. Wir liebten die Zeit und die Nähe zum Meer so sehr – den Sommer haben wir übrigens direkt einen Tag nach unserer Hochzeit spüren dürfen, da es sich genug ausgeregnet hatte.
Irgendwann gingen aber auch die “Flittertage” zu Ende und es ging wieder ein bisschen Richtung Alltag. Es folgten ein paar Tage bei unserer Familie und ich nahm meinen ersten Geschäftstermin als Frau Draack wahr – und zwar beim Autohaus. Zu meinem Traummann fand ich nach monatelanger Suche nun auch noch mein Traumauto, das mir in Zukunft auf den Straßen ein zweites Zuhause geben wird. Ein bisschen gedulden muss ich mich noch, aber dann werden all die Fahrten zu meinen Foto-Einsätzen noch ein bisschen schöner und ich hab endlich Platz für noch mehr Fotoequipment!
Zurück in Braunschweig stand noch ein bisschen freie Zeit an, bevor mein Jetzt-Ehemann wieder zur Arbeit musste. Bei mir sah es beruflich immer noch recht ruhig aus. Ich arbeitete immer mal wieder mit Rotbäckchen und Rabenhorst an kleinen Projekten und auch für eventives konnte ich wieder das ein oder andere Corona-konforme Event fotografisch festhalten.
August | Ich packe meinen Koffer und nehme mit…
… die nächste Veränderung. Die Hochzeit war noch nicht genug – im August stand das nächste große Projekt namens Umzugsplanung an. Mein Mann hatte sein finales Bewerbungsgespräch bei seinem neuen Arbeitgeber und es wurde immer ernster. Der Entscheidung war schnell gefallen: wir ziehen wieder in Richtung Heimat und zwar so schnell wie möglich! Somit stand auch unsere erste Wohnungsbesichtigung an und was soll ich sagen…es wurde direkt die erste Wohnung, die wir uns angesehen hatten. Wir fanden unser kleines Paradies, das wir heute so sehr schätzen. Wir entschieden uns gegen die volle Innenstadt und für den ruhigen Blick ins Grüne, mit der Nähe zum Lübecker Herzen – oder wie man 2020 sagt: eine Wohnung mit Quarantäne-Potenzial. Ich muss aber auch gestehen, dass ich mich riesig darauf freue, wenn wir endlich Lübecks Gastronomie, Cafés, Sommer und Winter so richtig genießen können. Das blieb bisher leider auf der Strecke.
Zusätzlich hatte ich aus Zufall am selben Wochenende meine erste standesamtliche Trauung in Lübeck und ich hoffe sehr, dass 2021 weitere Hochzeiten in dieser tollen Stadt folgen werden.
Die letzten Tage in Braunschweig waren somit gezählt – nach fünf Jahren.
Das Packen ging so langsam los und die Aufregung stieg. Parallel entschied ich mich noch dazu, meinen Drohnenführerschein zu machen und paukte die Unterlagen durch, bis ich Ende August den Lappen als zertifizierte Drohnenpilotin in der Hand hielt.
Zwischenzeitlich lebte und liebte ich wieder meine Tantenrolle, die während der Coronazeit einfach viel zu kurz kam. Nichts kann die Liebe zu meinen drei Nichten beschreiben, wirklich nichts!
September | We like to move it, move it!
Im September hatte ich noch eine gute Hand voll Jobs, die ich erledigen konnte. Die Getränke hatten es mir angetan – Jägermeister, Rotbäckchen und Rabenhorst blieben mir weiterhin treu.
Zuhause wurde das Chaos immer größer. Die Kartons wurde voller und der Überblick geringer.
So langsam fing ich auch an zu realisieren, dass ich ein wenig Abschied nehmen musste. Wir hatten uns in Braunschweig einen wundervollen Freundeskreis aufgebaut, den wir bis heute nicht missen möchten. Dass wir all diese lieben Menschen aktuell so schwer treffen und einladen können, ist alles andere als einfach und wir freuen uns schon riesig, wenn das erste Wiedersehen kommen kann!
Und dann kam der Tag, an dem wir endlich in unser neues Zuhause konnten. Unser Zeitplan war straff, also hieß es: in 1,5 Tagen die ganze Butze streichen und für die Möbelpacker fertig machen.
Wohnungsübergabe, Streichen, den letzten Rest packen und der Umzug an sich waren geschafft und direkt am nächsten Tag hatte ich noch meine letzte Hochzeitsreportage für dieses Jahr. Was für eine krasse Zeit… so im Nachhinein.
Oktober | Einleben & Zuhause fühlen
Im Oktober genossen wir in Zweisamkeit unsere Geburtstage und lebten uns zuhause so richtig ein. Der ein oder andere Spaziergang in Lübeck sowie der erste Apfelkuchen mit eigenen Äpfeln aus dem Garten waren die Kirsche auf dem Sahnehaufen.
Auch wenn sich Corona einigermaßen zusammenriss, mussten wir eine Entscheidung bezüglich unserer Hochzeitsfeier treffen, die eigentlich am 10.10.20 hätte stattfinden sollen. Es war unumgänglich, sodass wir diesen Punkt auf das nächste Jahr verschieben mussten. Wir waren absolut dankbar für unsere standesamtliche Trauung und wollten nicht auf Krampf eine Feier realisieren, bei der sich alle unwohl und unsicher fühlten.
Durch die Absage unserer Feier hatte ich dann wiederum Kapazitäten für zwei relativ große Projekte, die ich im Nachhinein noch kurz vor Lockdown umsetzen konnte. Es ging für ein paar Tage für Rabenhorst in Richtung Bonn und auch das Wolfsburger Klinikum konnte ich noch fotografisch unterstützen. Was bin ich froh, dass ich zu dieser Zeit noch einmal zwei tolle Zusammenarbeiten genießen durfte.
November | Freiwillige Quarantäne
Nachdem ich wieder Zuhause war, stiegen auch die Zahlen immer weiter und es war klar, dass der November noch einmal unsere Geduld brauchte. Der zweite Lockdown stand an und ich sagte all meine geplanten Termine ab – der Respekt war zu groß. Als dann auch noch in unserer Familie Corona auftrat und das Virus plötzlich ganz nah war, verspürte ich nur noch absolute Gehirngrütze. Die Sorgen nahmen wieder zu und vor allem die Wut über egoistische und dumme Menschen wurde immer größer.
Quarantäne-Einkauf… …für unsere Family.
Im Vergleich zur ersten Welle muss ich sagen, dass ich mir während der zweiten Welle beruflich wirklich weniger Sorgen gemacht habe. Für mich war die Gesundheit meiner Familie und Freunde so viel wichtiger – der Rest würde sich mit der Zeit schon irgendwie wieder einkriegen. Aber die Sehnsucht nach Nähe war um einiges größer, als die Sorgen ums eigene Geschäft.
Rückblickend bin ich viel mehr stolz darauf, dass ich mit meiner Selbstständigkeit wirklich gut durch dieses verrückte Jahr gekommen bin. Andere Branchen kämpfen noch immer und fühlen sich leider allein gelassen. Ich kann von ganz großem Glück sprechen, dass ich tolle Partner und Kunden habe, mit denen ich dieses Jahr gemeinsam meistern konnte (s. den Auszug einer Mail). Dadurch, dass ich mich nie auf eine bestimmte Branche spezialisiert habe (z.B. Hochzeitsfotografie…), hatte ich immer die Möglichkeit, lösungsorientiert zu handeln und zu arbeiten, was mir letztendlich den Hintern gerettet hat.
Wir genossen besonders jetzt die Nähe zum Meer. Die Augen zu schließen und das Meeresrauschen hören zu können, war immer einer unserer größten Träume. Nun können wir genau das wahrnehmen – wann immer wir wollen. DAS ist für mich pure Lebensqualität.
Ich genoss mein Home Office und brachte meine Aufträge aus dem Oktober zu Ende. Kümmerte mich um meine neue Webseite und bereitete mich innerlich auf die letzten Wochen des Jahres vor.
Dezember | so entspannt wie noch nie
Im Dezember ging es dann eigentlich genauso weiter. Einziger Unterschied waren vier Tage in Braunschweig, die ich in diesem Monat noch einmal arbeiten durfte und ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich diese Jobs genossen habe.. nach wochenlanger Abstinenz.
Das Schöne daran war, dass ich jedes Mal ein wunderbares Zuhause in Braunschweig bekommen habe, denn unsere Wohnung hatten wir ja bereits abgegeben. Über meine Jobs bin ich per Zufall auf die Apartments der “THE LOFT LODGE” aufmerksam geworden, wo ich nun schon des Öfteren nächtigen durfte. Es gibt drei wundervolle Apartments, mit Liebe eingerichtet und geführt – und unfassbar fotogen, was mir natürlich besonders gefallen hat.
Nachdem wir dann unseren ersten eigenen Weihnachtsbaum fanden (was hab ich jahrelang auf diesen Moment gewartet!), begab ich mich wieder in eine Art freiwillige Quarantäne, um Weihnachten so gesund wie möglich feiern zu können. Naja, was heißt hier feiern… Weihnachten lief bei uns so entspannt wie noch nie ab. Wir waren Zuhause und besuchten die Familie nur, nachdem wir 3-5 Tage Zuhause waren – ohne andere Kontakte oder Krankheitssymptome. Wir hatten bereits Corona-Fälle in der Familie und auf einen weiteren wollte ich unbedingt verzichten… dafür liebe ich die alle zu doll.
Und dann war da kurz vor Schluss noch diese Neumondphase, die ich bereits Ende 2019 einfangen konnte. Dieses Jahr war sie jedoch noch besonderer, da wir aus unserem Garten die Milchstraße erahnen und sichtbar machen konnten.
In den letzten Dezembertagen habe ich so viel Energie sammeln können, wie schon lange nicht mehr. Den letzten Tag des Jahres werde ich ähnlich wie Weihnachten verbringen. Ganz entspannt, entschleunigt und mit dem Blick auf die wesentlichen Dinge. Ich werde 2021 mit offenen Armen empfangen, wenig Erwartungen haben und die ersten Wochen einfach passieren lassen. Etwas anderes bleibt uns aktuell einfach nicht übrig.
2020 | FAZIT
Was hat mir 2020 gelehrt? Geduld, Verständnis und Dankbarkeit. Das Jahr war für uns alle eine Art Achterbahnfahrt, mit Höhen und mächtigen Tiefen. Es gab viel Hass, Wut, aber auch eine Menge Zufriedenheit, Demut und Erfüllung. Ich habe geheiratet, bin in meine neue Heimat gezogen und habe mein Business sicher durch eine kleine Krise führen können. Rückblickend stehe ich nun am Ende von 2020 noch stärker und selbstbewusster dar, als zum Beginn des Jahres.
Mir ist bewusst, dass ich ein absolutes Privileg leben darf. So viele andere Menschen da draußen haben gekämpft und kämpfen immer noch – sei es gesundheitlich, privat oder beruflich. Ich habe riesigen Respekt vor all den Menschen, die in der Pandemie für unsere Gesellschaft da waren und das System am Laufen gehalten haben.
Der Fokus lag 2020 definitiv nicht auf der Arbeit, sondern auf der persönliche (Weiter-) Entwicklung – und das kam ganz ungeplant.
In welche Richtung es 2021 ging, sehen wir dann in 365 Tagen.